Mietminderungsmöglichkeiten für Clubs während der Covid-19-Krise (01.04.2020)

Berliner Clubs und andere Veranstaltungsorte vor dem Aus - Behördliche Nutzungsuntersagung als Mietmangel begreifen

Am 14.03.2020 hat der Berliner Senat eine Verordnung erlassen, welche auch die Schließung sämtlicher Clubs sowie anderer Veranstaltungsorte zur Folge hatte. Die Rechtsgrundlage für den Erlass ist im Infektionsschutzgesetz zu finden.

Damit bricht für die betroffenen Orte ihre Einnahmenquelle weg.
Aufgrund der dennoch weiterlaufenden Kosten für die Betriebe kommt es zwangsläufig zu existensbedrohenden Situationen.

Aufgrund der Covid-19-Krise wird viel von Stundungen gesprochen - damit sind oft auch Mietkosten gemeint.
Bei einer Stundung besteht die Zahlungspflicht jedoch weiter fort, so dass damit nicht der finanziellen Not von gewerblichen MieterInnen wie etwa Clubs etc. abgeholfen wird.

Statt der Stundung sollte vielmehr über eine Mietminderung nachgedacht werden - diese können nach den derzeitigen Umständen auch durchaus hohe Prozentsätze erreichen.

Voraussetzung dafür ist, dass durch die Eindämmung ein Mietmangel entstanden ist.
Wenn die Verbotsverfügung einen solchen Mietmangel darstellt, kommt es nicht darauf an, ob die/der VermieterIn für diesen Mangel selbst verantwortlich ist - das fehlende Verschulden hinsichtlich der Covid-19-Situation seitens VermieterIn ist hier ohne Belang.

Wichtig ist insoweit, dass der Mietvertrag die Nutzung als Veranstaltungsort vorsieht oder sich zumindest aus anderen Umständen ergibt, dass die Vertragsparteien von einer Nutzung für öffentliche Veranstaltungen ausgehen.
Weiterhin muss geschaut werden, ob der Gewerbemietvertrag den Ausschluss bestimmter Minderungsgründe vorsieht. Ist ein Ausschluss vereinbart, der die gegenwärtige Situation umfasst, könnte die Minderung nicht möglich sein.

Dass unter diesen Voraussetzungen eine behördliche Untersagung einen Mietmangel darstellen kann, ist bereits seit langem höchstrichterlich entschieden (BGH, Urteil vom 20. November 2013 – XII ZR 77/12 sowie aktueller: OLG Dresden, Beschluss vom 01. Juni 2017 – 5 U 477/17).
Das OLG Dresden nimmt in seiner Entscheidung zwar eine Einschränkung vor:

"Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben."

Jedoch wird bezüglich der Covid-19-Situation nicht davon auszugehen sein, dass der Mangel in den betrieblichen Umständen begründet liegt, denn die Pandemie ist offensichtliche eine äußerliche Ursache.

Bedenkt man dies, so besteht kein Zweifel, dass eine Unmittelbarkeit des Eingriffs bei einer behördlich angeordneten Schließung ja noch viel eher gegeben ist als bei einer - entfernteren - Baustelle, die zu Umsatzeinbußen führt. All dies spricht also dafür, eine Minderung ggf. gar auf Null zu bejahen.
Es gibt sicherlich Gründe warum Vorsicht geboten ist, wenn man als Veranstaltungsort gegen den/die VermieterIn vorgeht. Möglicherweise ist eine "umsichtige" Durchsetzung der MieterInnenrechte geboten, um das Vertragsverhältnis nicht vor unumkehrbare Schwierigkeiten zu stellen - es gibt wenig bis keinen Kündigungsschutz in der Gewerbemiete. Daher kann es schnell heißen: Nach der Krise ist vor der Krise.

Jedoch ist es wichtig die eigenen Rechte zu kennen, um dann mit dem nötigen Selbstvertrauen in Verhandlungen zu gehen.

Zumindest könnte es ratsam sein, die Mietzahlungen derzeit unter Vorbehalt zu stellen.
Denn wer in Kenntnis der Tatsachen zahlt, die zu einer Minderung berechtigen, kann seine Rechte verlieren.

Bezogen auf die Covid-19-Situation gibt es noch keine gerichtliche Entscheidung zu den dargestellten Mietminderungsmöglichkeiten. Mit Blick auf die Dynamik, die sich in sämtlichen Bereichen entwickelt, besteht keine Garantie, dass die Rechtsprechung eine andere Auffassung zu der Mangelhaftigkeit und den MieterInnenrechten entwickelt. Gleichwohl spricht viel dafür, dass Clubs und andere Veranstaltungsorte eine eigene starke Rechtsposition haben, die in die Waagschale geworfen werden kann.

(FÜR JURA-CRACKS:
Erwähnt sei noch, dass im Wohnraummietrecht sog. Umweltmängel dann unbeachtlich sind, wenn der/die VermieterIn gegen den Störer keine eigenen Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten hat.

Dies wird im Gewerbemietrecht jedoch mieterInnenfreundlicher bewertet.
So hat der BGH (XII. Zivilsenat) entschieden, dass das Vorliegen von Umweltmängeln im gewerblichen Bereich danach zu beurteilen sind, ob eine "Unmittelbarkeit" der Einwirkung auf die Mietsache von außen gegeben ist oder nicht.
Eine solche Unmittelbarkeit wird beispielsweise bereits dann bejaht, wenn es aufgrund von baustellenbedingten Verkehrsänderungen zu einer "Einkapselung" von Gaststätten kommt, so dass diese nur noch sehr schlecht oder gar nicht mehr zu erreichen sind.
Dann soll ein Mangel der Mietsache vorliegen (vgl. nur OLG Frankfurt, NZM 2015, 542; LG Hamburg BeckRS 2018, 38684).)